Der nachfolgende Text ist übernommen von der Homepage der Alt-Katholischen Kirche - www.alt-katholisch.de:
Diese Frage wird oft gestellt. Bei "katholisch" denken die meisten gleich an Rom, Papst, Vatikan, eben an "römisch-katholisch". Alt-katholisch klingt da in manchen Ohren eher nach "konservativ" oder "veraltet". Alt-katholische Ansichten sind aber alles andere als das.
Darum hier eine kurze Übersicht darüber, was es mit der alt-katholischen Kirche auf sich hat.
Es fing schon früh an
Die Anfänge der innerkirchlichen Auseinandersetzungen um das rechte Verhältnis von Glauben und kirchlicher Struktur, Spiritualität und Macht reichen weit in die Geschichte zurück. Noch im ersten Jahrtausend der Kirchengeschichte waren in der einen Kirche die einzelnen Landeskirchen und ihre Bischöfe selbständig. Leider flammte der Streit um den kirchlichen Führungsanspruch in Recht und Glauben immer wieder auf - die Trennung der orthodoxen Ostkirchen (1054) und die Entstehung der protestantischen Kirchen (1517) sind dafür nur zwei "große" Beispiele neben vielen anderen, auch "innerkatholischen" Auseinandersetzungen.
Die katholische Kirche von Utrecht und ihre Bischöfe waren bis 1702 weitgehend von Rom unabhängig (die Utrechter Bischöfe wurden z. B. frei vom Domkapitel, das aus dem eigenen Klerus bestand, gewählt). Nicht zuletzt wegen der Wirren der vorangegangenen Reformationszeit sollte die Utrechter katholische Kirchenprovinz ganz unter die Führung Roms gestellt und ihre bis dahin geltende Selbständigkeit aufgehoben werden. Trotz der Absetzung von Erzbischof Peter Codde im Jahr 1702 und der Androhung des Papstes, die Kirche von Utrecht zum Missionsgebiet zu "degradieren" und damit die Utrechter Kirchenprovinz quasi aufzulösen, entschied sich das Domkapitel von Utrecht, die ihm geschichtlich zustehenden alten Rechte der katholischen Kirche weiterhin in Anspruch zu nehmen und wählte 1723 Cornelius Steenoven zum Erzbischof von Utrecht, der dann vom französischen Missonsbischof Dominique M. Varlet geweiht wurde.
Die Alt-Katholische Kirche in Deutschland steht bis heute in der Tradition der selbständigen katholischen Kirchen. Ihr erster Bischof, Josef-Hubert Reinkens, wurde am 11. August 1873 von Bischof Hermann Heykamp (Deventer) von der alt-katholischen Kirche der Niederlande geweiht. Noch im selben Jahr wurde er von den Regierungen Preußens, Badens und Hessens als ein den römisch-katholischen Bischöfen gleichgestellter katholischer Bischof offiziell anerkannt. Zwischen den Alt-Katholiken und der anglikanischen Gemeinschaft, der Evangelischen Kirche in Deutschland und anderen „romfreien“ Kirchen gibt es heute verbindliche ökumenische Beziehungen.
Das „Leitmotiv“ der Alt-Katholischen Kirche ist heute wie damals das Festhalten am Glauben und an den Ordnungen der alten und einen Kirche, deren Mitte und Haupt Christus ist.
Der Name „alt-katholisch“ entstand also im Hinblick auf die „alte“ Lehre der ungeteilten katholischen und apostolischen Kirche - in Abgrenzung zu den neuen Dogmen, die einen Bruch mit den alten Glaubensüberlieferungen darstellten und nicht mehr als katholisch im eigentlichen Sinn angesehen werden konnten.
Als nämlich 1870 in Rom beim Ersten Vatikanischen Konzil zum Glaubenssatz (Dogma) erhoben wurde, dass der Papst die oberste rechtliche Gewalt in der Kirche habe (Universaljurisdiktion) und in Fragen des Glaubens und der Sitte unfehlbare Entscheidungen treffen könne (Unfehlbarkeit), lehnten viele Katholiken diese Lehren als weder durch die Bibel noch durch die katholische Tradition begründbare Neuerungen ab. Sie hielten daher am "alten" katholischen und apostolischen Glauben fest. Die Katholiken - Laien wie Priester - die aus Gewissensgründen diese Dogmen nicht als Glaubenssätze annehmen konnten, wurden vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen (exkommuniziert) und mussten sich als eigenständige katholische Kirche unter der Leitung ihres ersten Bischofs Reinkens organisieren.
Das Katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland ist als eine selbständige und staatskirchenrechtlich anerkannte katholische Kirche auch Mitglied der Utrechter Union.
Die alt-katholische Tradition hat sich weiter entwickelt. Nicht nur der Bischof wird wie früher von den Gemeindevertretern gewählt, sondern Gemeinde und Bistum sind heute insgesamt synodal strukturiert: Auf Pfarrebene ist die Gemeindeversammlung das oberste Entscheidungsorgan (sie wählt z. B. den Pfarrer und die Synodalen). Auf Bistumsebene ist dies die Synode, die zu etwa 2/3 aus gewählten Laienabgeordneten der Gemeinden besteht; sie hat das Bischofswahlrecht.
Die in diesem Zusammenhang gern benutzte Bezeichnung "demokratisch" stimmt übrigens nur zum Teil. Sie stimmt in dem Sinne, dass alle Mitglieder der Kirche an Entscheidungsprozessen beteiligt sind, also z. B. Pfarrer und Bischöfe gewählt und nicht „vorgesetzt“ werden, Frauen das Sakrament der Priesterweihe empfangen können und kirchliche Leitungsaufgaben auch von Laien ausgeübt werden. Das "Kirchenvolk" ist also in allen Gliedern beteiligt, niemand wird ausgeschlossen. Sie stimmt aber letztlich doch nicht, weil "demokratisch" als politische Vokabel ein Mehrparteiensystem assoziiert, in dem jede Partei die Mehrheit der Wählerstimmen gewinnen will, um dann eigene Interessen durchzusetzen. Wir stehen als katholische Kirche aber in der Tradition der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, deren Glaubensgrundlage und Selbstverständnis nicht verhandelbar sind. Die allgemeinen Konzilien der ungeteilten Kirche sind ja nach wie vor die Grundlage unseres Glaubens- und Kirchenverständnisses. Aus diesem Grund ist auch eine Synode nicht der Ort, wo Glaubenssätze formuliert oder Glaubensfragen verhandelt werden könnten. Diese Kompetenz hat eben nur ein allgemeines Konzil.
„Synodal“ bezeichnet vielmehr die Auseinandersetzung und manchmal auch das Ringen um den gemeinsamen Weg als katholische Kirche, berührt also die Frage, wie wir diesen katholisch-apostolischen Glauben als Kirche umsetzen und leben können.
„Bischöflich“ drückt dabei aus, dass dies für uns als katholische Kirche eben nicht außerhalb der apostolischen Nachfolge geschehen kann.
Darum passt "bischöflich-synodal" besser zu uns als ein rein "demokratisches" Verständnis, weil so eben der gemeinsame Weg der Gläubigen als Kirche besser beschrieben wird.
Biblische Aussagen und dynamisches kirchliches Leben verbinden sich. So ist z. B. für die Priester seit 1878 die vorgeschriebene Ehelosigkeit (Zölibat) als ein biblisch nicht begründbares Kirchengesetz abgeschafft worden, denn die ehelose Lebensform ist keine Bedingung für die Übernahme kirchlicher Ämter und Aufgaben. Vielmehr bleibt sie als eine mögliche Form des christlichen Lebens und Teil der persönlichen Berufungsgeschichte in die Entscheidung des einzelnen Menschen gestellt. Wer sich zu einem Leben in freiwilliger Ehelosigkeit berufen fühlt, allein oder in einer (Ordens-) Gemeinschaft, sollte und kann diese Berufung natürlich auch in der Alt-Katholischen Kirche leben.
Auch Frauen können das Sakrament der Priesterweihe empfangen: Im Jahre 1996 wurden in Konstanz die ersten zwei Frauen zu Priesterinnen geweiht, Anfang 2005 in Karlsruhe die dritte. Weitere Kandidatinnen sind bereits in Ausbildung. Geschiedene und Wiederverheiratete wurden und werden nicht vom Empfang der Sakramente ausgeschlossen. Wurde eine Ehe staatlich geschieden gibt es u. U. die Möglichkeit einer nochmaligen kirchlichen Eheschließung (nach Rücksprache mit dem Pfarrer und vorbehaltlich der Zustimmung des Bischofs, der die Ungültigkeit einer früheren Ehe feststellen muss).
Wir bekennen uns zur menschlichen Fehlbarkeit der Kirche und ihrer Mitglieder, also auch derer, die zu einem Leitungsamt in der Kirche berufen und bestellt sind. Wir versuchen, aus dem Wissen zu leben, dass jeder einzelne Mensch sowie die Kirche als Ganzes immer reformbedürftig und auf Vergebung angewiesen ist.
Wir sind offen für die Gemeinschaft aller Christen, auch am Tisch des Herrn:
Mit der anglikanischen Kirchengemeinschaft stehen wir seit 1931 in voller Gemeinschaft ("Bonner Vereinbarung" / "Bonn Agreement").
Mit der Evangelischen Kirche in Deutschland haben wir 1985 eine Vereinbarung zur gegenseitigen Einladung zum Abendmahl getroffen. Unsere Einstellung zur Abendmahlsgemeinschaft: Alle Getauften, die an einer alt-katholischen Eucharistiefeier teilnehmen und mit uns glauben, dass in den Gaben von Brot und Wein Jesus leibhaft gegenwärtig ist, sind zur Kommunion (die unter beiderlei Gestalten statfindet) herzlich willkommen. Denn es ist ja nicht der Priester bzw. die Priesterin oder die Kirche, sondern Christus selbst, der uns um seinen Tisch versammelt und sich uns schenkt. Er lädt uns ein zur Kommunion, zur Gemeinschaft mit ihm und in ihm.
Wir sind Gründungsmitglied der "Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen" (ACK) in Deutschland.
Es gibt darüber hinaus auch eine gemeinsame Website der Alt-katholischen Kolumbarien, die Sie gerne auch besuchen können: